Foto: Bernd Herzog-Schlagk,
FUSS e.V.

Im Fußverkehr geschehen mehr sogenannte „Eigenunfälle“ als „Verkehrsunfälle“ zwischen Verkehrsteilnehmern. Ursache sind häufig eine mangelhafte Infrastruktur (z.B. Gehwegschäden, Stolperkanten, etc.), aber auch die unsachgemäße oder nicht durchgeführte Reinigung. Die Problematik ist in den Regelwerken bisher noch nicht ausreichend beachtet worden.

Auf folgende Fragestellungen versuchen wir mit Aussagen aus den Regelwerken zu antworten, die im Detail nicht immer mit dem Standpunkt des FUSS e.V. übereinstimmen und nicht als ausreichend oder zielführend betrachtet werden müssen, aber dem derzeitigen „Stand der Technik“ entsprechen:

Wo und wie muss Winterdienst durchgeführt werden?

Innerorts gilt: „Bei Gehwegen hat der Anlieger nur eine für den Fußgängerverkehr notwendige und nicht die gesamte Gehwegbreite zu betreuen“ (Winterdienst, 1.1.2). „Die Gehwegflächen werden generell in einer solchen Breite geräumt oder gestreut, dass Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer sie ungehindert nutzen können“ (EFA, 4.2), dies ergibt eine schneefreie Wegführung mit einer Breite von mindestens 1,20 Metern (RASt, 4.7, Bild 21). Der notwendige Abstand von Pollern für die Durchfahrt von Kehrmaschinen ist in den Regelwerken leider bisher nicht festgelegt worden. Er sollte an der hauptsächlich benutzten Stelle mindestens 1,60 Meter Breite für die Kehrmaschinen und 2 x 0,10 m als Bewegungsspielraum, also mindestens 1,80 m betragen.

Auch bei der Verwendung von taktilen Oberflächen als Leitsystem für Sehbehinderte sind die Anforderungen des Winterdienstes zu beachten (H BVA, 3.2.4.2). „Von den Straßen und Gehwegen abgeräumte Schneemassen sollen nicht auf dem Radweg oder Radfahrstreifen gelagert werden, um zu verhindern, dass hierdurch der Radverkehr behindert wird oder die Radverkehrsanlage blockiert wird.“ (ERA, 11.2.2)

„Für Fußwege besteht außerhalb geschlossener Ortslagen keine Streupflicht“ (M WS, 1.2.1) Dennoch gibt das Anforderungsniveau Winterdienst für Außerortsstraßen, welches vom Bundesministerium für Verkehr für qualifizierte Außerortsstraßen vorgesehen ist, folgende Maßnahmen vor: Gehwege, Radwege und Mehrzweckstreifen erhalten Winterdienst zu Zeiträumen entsprechend der örtlichen Verkehrsbedürfnisse (M WS, 1.3.2, Tabelle 1). Bei Schneefall, Eisglätte und Reifglätte ist das Ziel die Befahrbarkeit und Begehbarkeit möglich zu machen. „Begehbarkeit“ erfordert, dass ein Streifen schnee- und eisfrei gehalten bzw. bestreut wird, der es zwei Fußgängern gestattet, vorsichtig aneinander vorbei zu gehen (ca. 1,00 bis 1,20 Meter). Dies gilt nicht bei starkem, lang anhaltenden Schneefall (M WS, 1.3.2).

Wer ist für den Winterdienst verantwortlich?

„Derjenige, der einen öffentlichen Verkehr eröffnet und dort eine Gefahrenlage schafft oder andauern lässt, hat zumutbare Vorkehrungen zur Abwehr der daraus resultierenden Gefahren zu treffen. Das gilt auch für öffentliche Straßen und bedeutet, dass im Winter Schnee und Eisglätte auf den Verkehrswegen nach besten Kräften zu bekämpfen sind. Inhalt sowie Umfang dieser Regelungen und Anforderungen sind für Straßen außerhalb und Straßen innerhalb geschlossener Ortslagen verschieden.“ (M WS, 1.2)

"Innerorts besteht grundsätzlich eine Straßenreinigungspflicht. Aus dieser ergibt sich im Winter die Schneeräumpflicht, d.h. die Notwendigkeit, alle Verkehrsflächen von Schnee zu reinigen (...) Gehwege und verkehrswichtige Fußgängerquerungsbereiche sind bei Glätte abzustreuen“ (M WS, 1.1.2). Auch für Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen gilt: „Winterdienst, Reinigung und Beleuchtung des Gehwegs bleiben in jedem Fall Obliegenheit der Gemeinde. Brückengeländer und -brüstungen gehören zur Brücke, nicht zum Gehweg.“ (ODR, 16 (3), Absatz 2) „Der Winterdienst auf Gehwegen sowie kombinierten Rad- und Gehwegen ist in der Regel auf die Anlieger abgewälzt“ (M WS, 5.2.4).

 

Eine Übersicht über die für den Fußverkehr relevanten Planungsgrundlagen und weitergehende Hinweise finden Sie im Literatur-Register. Die genauen Bezeichnungen der in diesem Abschnitt verwendeten Planungsgrundlagen entnehmen Sie bitte in kompakter Form den Quellenangaben unten auf dieser Seite. Die Links im Text oben führen Sie dagegen zum Literatur-Register, da dort bei manchen Regelwerken zusätzlich weiterführende Literatur genannt wird.

Über die Planungsgrundlagen hinausgehende Informationen finden Sie in der entsprechenden Themengruppe Verkehrssicherheit für Fußgänger auf unserer Website www.fuss-ev.de.

Wie die Räum- und Streupflicht in Ihrem Bundesland geregelt ist finden Sie unter www.urteile-zum-winterdienst.de, herausgegeben vom Deutschen Anwaltsregister.

Quellenangaben

EFA - Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen FGSV (Hrsg.): Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen EFA, Ausgabe 2002

ERA - Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen FGSV (Hrsg.): Empfehlungen für Radverkehrsanlagen ERA, Ausgabe 2009

H BVA - Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen FGSV (Hrsg.): Hinweise für barrierefreie Verkehrsanlagen H BVA, Ausgabe 2011

M WS - Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen FGSV (Hrsg.): Merkblatt für den Winterdienst auf Straßen, Ausgabe 2010.

ODR - Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen FGSV (Hrsg.): Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten im Zuge der

RASt - Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen FGSV (Hrsg.): Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen RASt 06, Ausgabe 2006